VI. Das Thema im Religionsunterricht



1. Einordnung im Lehrplan
2. Religionsdidaktische Erschließung
3. Überlegungen zum Thema im Religionsunterricht
Fußnoten mit Links zu den Literaturangaben

Übersicht Vorheriges Kapitel Kapitelanfang Literatur Verfasser

1. Einordnung im Lehrplan

a. Hauptschule

Das Thema erscheint im Religionsunterricht der Hauptschule in der 9. Jahrgangsstufe. Eingeordnet ist es in den 7. Themenbereich mit dem Titel "Die Kirche im 20. Jahrhundert."
Als Grobziel für diesen Teil des Themenbereichs gibt der Curriculare Lehrplan an: "Kenntnis wesentlicher Ereignisse in der Auseinandersetzung der Kirche mit dem Nationalsozialismus"345. Dieses rein auf Wissensvermittlung ausgelegte Grobziel wird in vier vorgeschlagenen Lerninhalten näher erläutert, die jedoch auch wieder ausschließlich kognitives Geschichtswissen ansprechen.
Der Bereich des Widerstands ist angesprochen mit: " - Männer und Frauen aus den Reihen der Kirchen leisten Widerstand: P. Ruppert Mayer, Kardinal von Galen, die "Weiße Rose", D. Bonhoeffer u. a."346. Der Bereich des Jugendwiderstandes müßte also laut Lehrplan dem Bereich "u.a." zugeordnet werden. Der Widerstand soll laut Lehrplan "...am Beispiel des Lebensschicksals einzelner Persönlichkeiten..." aufgezeigt werden.347
Dies spricht in seiner Intension zwar nicht ausdrücklich den Bereich des Jugendwiderstandes an, bietet meiner Ansicht nach jedoch Ansatzpunkte das Verhalten der Jugend im Dritten Reich als Thema im RU zu rechtfertigen.

b. Realschule

Für den Religionsunterricht in der Realschule ist eine Verankerung des vorliegenden Themas im Lehrplan jedoch schwieriger. Die Problematik der Kirche im Nationalsozialismus wird hier nämlich unter einem anderen Gesichtspunkt aufgegriffen.
Im 7. Themenbereich der 10. Jahrgangsstufe erscheinen die Punkte "7.1 Das Verhältnis von Kirche und Staat" und "7.2. Kirche und Politik"348. Darin sind jeweils als einzelne Unterrichtsinhalte Aspekte aus dem Bereich Kirche im Nationalsoziahusmus genannt. Jedoch beziehen sich diese zumeist auf die Rolle der Kirche als Institution. Ansatzpunkt für den Widerstand im NS bietet nur der sehr allgemein gehaltene Punkt
"Stellung des Einzelnen als Glied von Staat und Kirche: - Das Gewissen als Entscheidungsinstanz bei Konflikten"349

Dieser Gesichtspunkt erscheint schon im Lehrplan für die 9. Jahrgangsstufe, wenn es im Themenbereich 4 (Gewissen und Verantwortung) heißt. "Ein Lebensbeispiel für verantwortliches und mutiges Verhalten aus christlicher Gewissensentscheidung, z.B. Thomas Morus, Maximilian Kolbe, Alfred Delp, Rupert Mayer, Dom HeIder Camara u.a."350

Die angesprochenen Themenbereiche in Haupt- und Realschule verschließen sich zwar nicht völlig dem Widerstand der Jugend im Nationalsozialismus, es ist jedoch eine religionsdidaktische Erschließung und Rechtfertigung des Themas für den RU in den angesprochenen Klassenstufen unerläßlich.

Übersicht Vorheriges Kapitel Kapitelanfang Literatur Verfasser

2. Religionsdidaktische Erschließung

Ansatz heutiger Religionspädagogik ist die Frage nach der Korrelation351 des inhaltlichen Themas mit der Lebens- und Erfahrungswelt des Schülers. Diese beiden vorgegebenen Gesichtspunkte sollen im Unterricht zusammengebracht werden. Das Thema muß dahingehend befragt und analysiert werden, wo die Aussagen die Wirklichkeit und das Er-leben des Schülers betreffen.
Für diese Analyse bietet die Religionspädagogik eine Betrachtungsweise an, mit der der zu analysierende Sachverhalt nach seiner Bedeutung in drei verschiedenen ,,Dimensionen" untersucht werden soll.
Es sind dies die empirische Dimension, die sich auf belegbare Tatsachen und Vorgegebenheiten bezieht, die religiös-existentielle Dimension, die nach existentiellen Grunderfahrungen und Deutungen fragt und schließlich die Glaubensdimension, die die Sichtweise des christlichen Glaubens zur Sprache bringt.352
Dieser Ansatz, der sich zunächst auf die Vermittlung von religiösen Glaubensaussagen bezieht, soll nun für ein Thema aus dem Kirchengeschichtsunterricht angewandt werden.

a. empirische Ebene

Die empirische Ebene umfaßt in diesem Fall wohl die in dieser Arbeit dargestellten geschichtlichen Fakten und Hintergründe. Sie sollen im folgenden noch einmal kurz zusammengefaßt werden.

Die Geschichtsforschung bietet verschiedene Ansätze, die Vergangenheit für den heutigen Menschen zu erschließen. Die gängige Ansatz, nach der wohl ein Großteil der heutigen Einwohner der Bundesrepublik Geschichte und Geschichtsunterricht erlebt haben dürften, ist die Frage nach den großen Ereignissen der Geschichte und dem Verhalten und Vorgehen der Herrschenden. Beim vorliegenden Thema kommen in dieser Betrachtungsweise die staatlichen Maßnahmen zur Erfassung der Jugend in den Blick. Die Jugendlichen sollten ,,...nicht mehr frei sein ihr ganzes Leben.353 Mit der Einführung der Jugenddienstpflicht 1939 erfolgte die Einreihung der HJ in die Institutionen der staatlichen Dienstpflicht "Hitlerjugend", "Reichsarbeitsdienst" und "Wehrmacht". Schrecklicher Höhepunkt war der Kriegseinsatz von HJ-Einheiten mit erst 15-jährigen Jugendlichen in einem schon verlorenen Krieg. Widerstand Jugendlicher ist in unter diesem Blickwinkel kaum auszumachen, sieht man von den bekannten Ereignissen um die studentischen Gruppe der "Weißen Rose" in München einmal ab.

Diese Sicht der Ereignisse im Dritten Reich wird heute jedoch ergänzt durch eine breite Forschung über das alltägliche Verhalten der Bevölkerung in dieser Zeit. Dabei ist in sehr verschiedenen Millieus eine Resistenz oder ein Verweigern gegen die totale geistige Gleichschaltung durch den Nationalsozialismus aufgezeigt worden.354 Dies gilt auch für den Bereich der Jugend, wo es trotz des geschilderten Erfassungssystems Bereiche und Millieus gab, die der geistigen Gleichschaltung entgegenstanden. Trotz Verbots der Bündischen Jugend führten viele Gruppen ihr Leben innerhalb und außerhalb der staatlichen Jugend fort.

Als geschlossene Institutionen konnten die katholischen Jugendverbände, geschützt durch das Reichskonkordat, teilweise bis 1939 überleben. Trotz großem Druck wurde hier ein Sozialisationsraum erhalten, der dem totalitären Erfassungsanspruch der Nationalsozialisten auf die Jugend entgegenstand.355 Auch nach der endgültigen Ausschaltung der Strukturen der katholischen Verbände lebte die innere Gemeindschaft weiter, gestützt auf die Strukturen der Pfarrseelsorge und getragen von einer beharrlichen Treue von seiten der Jugendlichen. Eine Möglichkeit, die eigene Existenz zu zeigen, hatte und nutzte die katholische Jugend auf Bekenntnistagen und Wallfahrten. Insofern war diese Jugend ein lebendiger Teil der Institution Kirche, die durch eine Strategie von Anpassung, Verweigerung und Protest ihre Strukturen als "gesellschaftliche Großgruppe" erhalten konnte und trotzdem den Absolutheitsanspruch des nationalsozialistischen Staates hemmte.356

b. existentielle Ebene

Diese oben geschilderte Sichtweise, die nur die geschichtlichen Fakten in den Blick nimmt, wird jedoch dem Bedürfnis die geschichtlichen Ereignisse zu verstehen nur bedingt gerecht. Zum Verständnis dessen, was wirklich passiert ist gehört auch die Dimension des konkreten menschlichen Erlebens und Verhaltens in dieser Zeit.
Diese Fragestellung entspricht etwa der existentiellen Dimension nach dem Ansatz der Religionspädagogik. In diesen Bereich gehören die menschlichen Schicksale, die Zeugnisse zu welchen Untaten der Mensch in der Lage ist. Bequemlichkeit, Feigheit, Anfälligkeit für billige Parolen und das einfache Bestreben selbst keine Schwierigkeiten zu bekommen sind Eigenschaften des Menschen, die es zu jeder Zeit gab. Deshalb gehen die Probleme, die uns dies aufgibt, über die Antwortmöglichkeiten schlichter Daten der Geschichtswissenschaften hinaus.
Hierbei sollen aber nicht nur die negativen Beispiele genannt werden. Auch das Vorhandensein von Resistenz, Verweigerung, Protest und Opposition, auch wenn sie letztlich politisch erfolglos war, darf nicht übergangen werden, will man der damaligen Wirklichkeit gerecht werden. Darin enthalten sind die Fragen nach Eigenständigkeit im Denken, gesundes Empfinden dafür, was richtig ist, Mut und die Fähigkeit das persönliche Wohlergehen zurückzustellen und höhere Werte zum Maßstab des eigenen Handelns zu machen. Nicht erst die Bereitschaft aktiv gegen das System vorzugehen verweist auf das ,,Mehr" im menschlichen Leben, sondern auch schon der Versuch entgegen dem allgemeinen Trend, sich das eigene Denken und Wollen zu erhalten und dafür Nachteile in Kauf zu nehmen.
Unter diesem Aspekt treffen die Ereignisse jener Zeit auch die Wirklichkeit des heutigen Menschen. Die Frage, die sich unter diesem Gesichtspunkt zwangsläufig stellt, ist die nach der persönlichen Verantwortung für die heutige gesellschaftliche Wirklichkeit, die Frage danach, für was jeder Einzelne mit seiner Person einsteht und was seine unaufgebbaren Grundsätze sind. Insofern hat diese Problematik eine Fragerichtung nach Freiheit, Verantwortung und Schuldgefährdung des Menschen. Diese Frage ,"Wie hätte ich mich verhalten?" kann weiterführen zu der Frage: ,"Was bin ich ?" So kann "die Auseinandersetzung mit alltäglicher Widerständigkeit (...) unter anderem ermöglichen, personale Identität aufzubauen."357

In diesem Sinne beinhaltet das Thema schon religiöse358 Aspekte, auch wenn christliche Überzeugungen nicht Grundlage für die Beurteilung sind. Nimmt sich Schule als Erziehungsinstitution selber ernst, so kann sich auch ein sinnvoller Geschichtsunterricht nicht darauf beschränken, nur "Wissen" über Ereignisse und politische Zusammenhänge zu vermitteln. In den Erziehungsauftrag der Schule gehört auch, die Persönlichkeitsbildung des Schülers zu fördern, und damit die Frage nach Gewissen und Verantwortung. Unter diesem Aspekt haben beide bisher beschriebenen Dimensionen der Wirklichkeit ihren Platz schon im Geschichtsunterricht.

c. theologische Ebene

Diese existentiellen Fragen sind auch Ansatzpunkt für diese Problematik im Religionsunterricht. Soll diese Thematik aber zu Recht im Religionsunterricht aufgearbeitet werden, so müßte aufgezeigt werden können, wo dabei die dem christlichen Glauben eigene theologische Dimension liegt.
Der Ansatz, den Heinz Hürten mit seiner Unterscheidung von politischem Widerstand und christlichem Zeugnis anbietet, könnte hierzu der Zugang sein. Mit dem Begriff "Zeugnis" wird das Verhalten der Kirche und ihrer Gläubigen in einen anderen Sinnzusammenhang gesehen. Unter diesem Aspekt wird das Thema auch im Religionsunterricht in eine andere Beziehung gestellt.
Muß es im Geschichtsunterricht unter pädagogischem Aspekt immer mit um Persönlichkeitsbildung gehen, so kommt im Religionsunterricht die Dimension des Christ-seins hinzu. Wie die profane Geschichte kann sich auch die Kirchengeschichte "...nicht nur darauf reduzieren, zu beschreiben »wie es gewesen ist«. Sie versucht darüberhinaus aufzuzeigen und zu verdeutlichen, daß und wie sich Menschen in der Vergangenheit den Aufgaben und den Herausforderungen der christl. Botschaft gestellt haben..."359 Dies meint aber nicht passives Betrachten der Vergangenheit, sondern fordert wiederum heraus "... zu Dialog mit den Menschen der Vergangenheit.. "360 und damit zur Rückfrage an das eigene christliche Zeugnis in der Gegenwart. Warum sich dabei gerade das Verhalten der jugendlichen Christen als Ansatzpunkt anbietet, soll im folgenden Abschnitt erarbeitet werden.

Übersicht Vorheriges Kapitel Kapitelanfang Literatur Verfasser

3. Überlegungen zum Thema im Religionsunterricht

a. Vorwissen des Schülers

Ein erstes Vorwissen zu der Problematik könnt der Schüler aus entsprechenden Dokumentationen in den Medien bekommen haben. Entsprechende Femsehreihen werden immer wieder zum Gedenken an die Ereignisse produziert und ausgestrahlt. Ob dies jedoch als Grundlage für den Unterricht in Betracht gezogen werden kann, muß zumindest kritisch angefragt werden. Zumindest Konrad Repgen sieht das Wirken der Medien in dieser Hinsicht negativ: "Massenmedien vermitteln weniger Einsichten als Eindrücke; im Unterschied zu Wissenschaft sind sie nicht primär auf Erkenntnisvermittlung angeIegt."361 Die Beweggründe der Journalisten sind seiner Ansicht nach andere: "... tatsächlich diskutiert man Gegenwartsprobleme. Man sagt »gestern«, meint aber »heute« und »morgen«. Das erklärt einigermaßen, warum wichtige Teile der Massenmedien die Öffentlichkeit über zeitgeschichtliche Forschungsergebnisse, besonders beim Thema »Katholische Kirche und Nationalsozialismus«, ziemlich einseitig unterrichten."362 Es muß also davon ausgegangen werden, daß das Vorwissen, das der Schüler aus dem Medienkonsum mitbringt, nicht unbedingt Grundlage einer differenzierten Bearbeitung des Themas sein kann.

Die Ausgangsbasis, mit der im Religionsunterricht zu rechnen ist, wird deshalb hauptsächlich vom Vorwissen der Schüler aus dem Geschichtsunterricht abhängen. Das Thema Nationalsozialismus nimmt im Lehrplan für Geschicht in der neunten Jahrgangsstufe einen breiten Platz ein. Je nach persönlicher Einstellung des Geschichtslehrers und seiner Schwerpunktwahl wird es trotzdem nötig sein können, zuerst das elementare Vorwissen über die ganze Problematik "Kirche und Nationalsozialismus" zu schaffen.
Als allgemeine Grundlage wird jedoch von Grundkenntnissen über die Machtergreifung Hitlers und die darauffolgende Gleichschaltungswelle ausgegangen werden dürfen.363 Als Vorwissen für das Thema ,,katholische Jugend im Dritten Reich" wären Kenntnisse über die Versuche, die Jugend total zu erfassen, eine erste Grundlage. Entsprechende Ansatzpunkte sind zumeist in den Schulbüchern für Geschichte mit den entsprechenden Quellentexten gegeben.364

b. Bezug des Schülers zum Thema

In der empirischen Ebene ist das Thema ein Problem, das, sieht man vom historischen Interesse ab, nichts mit den Schülern im heutigen Religionsunterricht zu tun hat. "Zeitlich trennen diese Generation, die niemals Unfreiheit, Krieg und Not erfahren hat, über zwei Spannen ihres Lebensalters von den damaligen Ereignissen, und das ist für ihre Welterfahrung ein sehr weiter Abstand."365
Die im Lehrplan vorgesehenen Beispiele für Menschen, die Widerstand geleistet haben, sind alle aus dem Bereich des aktiven Widerstands genommen und können kaum die Lebenswirklichkeit der damaligen Christen repräsentieren. Außerdem wird sich der Jugendliche nicht wirklich von deren Schiksal betreffen lassen können, weil "...Umstände und Ethos des Handelns weitab der eigenen Lebenswelt liegen."366 Erst durch einen veränderten Ansatz in den Sozialwissenschaften wurde das vorfindbare Alltägliche Gegenstand der historischen Forschung.367
"Didaktisch gewendet kann Alltagsgeschichte (...) unmittelbare persönliche Betroffenheit erzeugen, weil sie es ermöglicht, den jeweiligen Handlungsspielraum auszumessen und Entscheidungssituationen leichter nachzuempfinden."368 Diese Betroffenheit wiederum ist letztlich Voraussetzung für Offenheit und Interesse an der Problematik. Es leuchtet ein, daß gerade das Leben und Verhalten von Jugendlichen in der fraglichen Zeit eine besondere Chance bietet, Betroffenheit und Interesse für die Lebensproblematik in dieser Zeit zu wecken.
Dies ermöglicht es, "...das Wissen um dieses Thema der deutschen Geschichte auch in den affektiv-emotionalen Bereichen der Psyche des Schülers zu verankern."369 Dabei soll dieser Ansatz aber nicht nur methodisches Mittel sein. Die Verhaltensweisen der Jugendlichen sind, "...wie der Widerstand insgesamt, Antworten auf eine politische und moralische Herausforderung, Antworten, die existentielle Bedrohung mit einschlossen." Insofern sind sie nicht nur als Einstieg und emotionale Hinführung wertvoll, sondern "... repräsentieren (...) diese Problematik als Ganzes."370 Das eben genannte bezieht Helmut Beilner auf den Geschichtsunterricht. Nimmt man jedoch ernst, daß die Jugendlichen sich in ihrem Verhalten als Teil der Kirche gesehen haben, so läßt sich das gesagte ohne Abstriche in eine kirchengeschichtliche Betrachtungsweise übernehmen.
Es ist daher fachlich gerechtfertigt und pädagogisch sinnvoll, bei der Beschäftigung mit dem Verhalten der Kirche in der Zeit des Nationalsozialismus auf das Zeugnis der jungen Christen zurückzugreifen.

c. Das Thema im Schulbuch

Nicht jedes Schulbuch für katholische Religion bietet Hilfsmittel in Form von Quellentexten über dieses Thema. Zunächst sind einmal die Blickrichtungen verschieden unter denen das Thema ,,Kirche und Nationalsozialismus" angegangen wird.
Schulbücher, die die Problematik in den Themenbereich ,,Staat und Kirche als einen Punkt einordnen, gehen auf die Problematik ,,Alltagswiderstand" von Jugendlichen natürlich nicht ein.371 Dies entspricht zwar den Vorgaben des Lehrplans für Realschulen372 wird jedoch den oben geschilderten Ansätzen von Schülerbezug und Korrelation kaum gerecht.
Als ein positives Beispiel soll hier nur das Schulbuch "Religion in der HS 9" genannt werden. Dieses Schulbuch bietet im Rahmen eines ausführlichen Kapitels über die Kirche im Nationalsozialismus Informationen und zwei Quellentexte über die katholischen Jugendverbände in dieser Zeit an.373 Eine Lebensbeschreibung des Pfadfinderführers Fred Josef, der im KZ Auschwitz umkam, ergänzt die Information. Dieses Zeugnis macht deutlich, daß die Frage Regime oder Kirche auch für jugendliche Christen dieser Zeit eine Frage von Leben und Tod sein konnte374. Außerdem setzt sich das Schulbuch im Rahmen dieses Themas mit der in Kapitel 5 beschriebenen Differenzierung von Widerstand in den vier Stufen nach Repgen auseinander.375

Für eine ausführlichere Bearbeitung des Themas und vor allem für die emotionale Verankerung wären noch weitere Quellentexte nötig. Um Zeugnisse aus der näheren Heimat fruchtbar zu machen, bietet sich natürlich eine Erarbeitung im Rahmen eines gemeinsames Projektes von Geschichts- und Religionsunterricht an.376 Ob diese Arbeit zu verwirklichen ist muß jedoch jeweils vor Ort entschieden werden.

Übersicht Vorheriges Kapitel Kapitelanfang Literatur Verfasser

Fußnoten (mit Links zu den Literaturangaben)

345 Kath. Schulkommissariat I: CuLP HS9, S. 14f
346 Kath. Schulkommissariat I: CuLP HS9, S. 14f
347 vgl. Kath. Schulkommissariat I: CuLP HS9, S. 14f
348 Kath. Schulkommissariat II: CuLP RS 1O, S. 32f
349 Kath. Schulkommissariat II: CuLP RS 1O, S. 33
350 Kath. Schulkommissariat II: CuLP RS 9, S. 19
351 vgl. Hermanutz: Korrelationsdidaktik S. 126f
352 nach Hertle: Religionunterricht, S. 22 f. Vgl. zum Aspekt der religiösen Dimension: Albrecht: Religionsbegriff, S. 164 f
353 Hitler auf einer Rede 1938; vgl. Kapitel II.3.e.
354 vgl. Broszat: Bayern II/IV
355 vgl. Schellenberger: Katholische Jugend, S. 180
356 vgl. Repgen: Katholizismus; Gotto: Bilanz
357 Beilner: Geschichtsunterricht, S. 342
358 vgl. Albrecht: Religionsbegriff, S. 164 f
359 Bussmann: Kirchengeschichtsunterricht, S. 305
360 Bussmann: Kirchengeschichtsunterricht, S. 306
361 Repgen: Katholizismus, S. 3
362 Repgen: Katholizismus, S. 4
363 vgl. Geschichte HS 9, S. 6 - 38
364 vgl. Geschichte HS 9, S. 21; Geschichte RS 4, S. 134
365 Beilner: Geschichtsunterricht, S. 337
366 Beilner: Geschichtsunterricht, S. 337
367 Zu dem Themenfeld dieser Arbeit ist hierzu besonders das Projekt ,,Bayern in der NS-Zeit" zu erwähnen. vgl. Broszat: Bayern I/II; vgl. ders.: Alltag
368 Beilner: Geschichtsunterricht, S. 340
369 Beilner: Geschichtsunterricht, S. 338
370 Beilner: Geschichtsunterricht, S. 342
371 Als Beispiel, siehe: 7. Kapitel: Staat und Kirche. Ein Blick in die Geschichte. In: Maßstäbe RS 1O, S. 113-129
372 vgl. Kath. Schulkommissariat II: CuLP RS 1O, S. 32f
373 Religion HS 9, S. 106.
374 Religion HS 9, S. 106
375 Religion HS 9, S. 117. Vgl. V. Kapitel dieser Arbeit
376 Für Eichstätt bietet sich das in dieser Arbeit mehrfach zitierte maschinenschriftl. Manuskript des Tagebuchs von Josef Neubrand an. Es kann eingesehen werden im Diözesanarchiv Eichstätt.
>/div>

Übersicht Vorheriges Kapitel Kapitelanfang Literatur Verfasser